Zur Person:
Die 1982 in Berlin geborene Künstlerin Tiziana Jill Beck studierte an der Kunsthochschule Berlin Weissensee und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo sie 2012. Ihre Arbeiten, die sich zwischen freier Zeichnung und narrativer Illustration bewegen, zeigt sie in verschiedensten Einzel- und Gruppenausstellungen. Darüber hinaus illustriert sie für Magazine und Filme und zeichnet live in Form von Graphic Recording bei Veranstaltungen. Nach einem einjährigen Aufenthalt in Südkorea 2014/2015 mit einem DAAD Stipendium lebt und arbeitet sie derzeit in Paris und Berlin.
Was bedeutet für dich "Kunst" und "Design" ?
Hast du eine persönliche Definition für beides?
Ich bin eine große Bewunderin der "Bauhaus" Zeit. Die Künstlerinnen und Künstler dieser 1919 gegründeten Bewegung haben damals angefangen Kunst, Design, Theater, Architektur, Wissenschaft und Handwerk zu vermischen und zusammenzuführen.
Kunst und Design sind genau wie Illustration in meinen Augen eher eine Möglichkeit, die Dinge in ihrem Kontext zu beschreiben.
Die beiden Begriffe sind für mich persönlich daher sehr verschmolzen und ich definiere das individuell für jedes Projekt, je nachdem welche Mittel eingesetzt werden und welchen Zweck sie nachgehen.
Obwohl heute viele Künstler "Design" jenseits der Idee von Produktgestaltung nutzen und die Grenzen zwischen Kunst und Design austesten, bleiben die Genres in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch stark getrennt.
Was ist für dich persönlich "gutes" oder "schlechtes" Design bzw. Kunst?
Ich habe keine Kriterien. Erstmal entscheidet mein Bauchgefühl und die Emotion, die ich dabei empfinde.
Du hast etwa ein Jahr in Korea als Künstlerin verbracht. Wie kam es zu deinem Aufenthalt in Südkorea und was dich dazu bewegt?
Mein koreanischer Onkel und meine Tante haben lange in Seoul gelebt. Sie sind Landschaftsarchitekten und haben das Büro Oikos Design (http://www.oikosdesign.nl) gegründet. Zu ihren Arbeiten gehören zum Beispiel der Bahnhofsplatz von Sindorim, sowie die Büros und die Terrassen von D Cube-City. Durch diese familiäre Verbindung bin ich schon als Kind in Berührung mit der koreanischen Kultur gekommen und habe eine Affinität dazu entwickelt. 1996 waren meine Familie und ich das erste Mal in Seoul zu Besuch. Besonders die Farben in Korea haben mich damals fasziniert. In meiner Kindheit war die Wohnung voll mit koreanischer Volkskunst und Masken, die meine Tante regelmäßig aus Korea mitgebracht hat. Das hat sich bei mir eingebrannt.
Einige Jahre nach meinem Abschluss an der Kunsthochschule hatte ich einen klaren Blick über meine künstlerischen Interessen und Ziele und bewarb mich für ein DAAD-Auslandsstipendium, was ja glücklicherweise auch geklappt hat. Diese work hard-play hard Einstellung in Korea hat mich gereizt das Land näher zu betrachten und verstehen zu lernen. Ich interessiere mich für den Menschen in Beziehung mit den im Alltäglichen manifestierenden Phänomenen der modernen Gesellschaft. Vor Ort habe ich sehr viel beobachtet und gezeichnet. Auch, dass ich die koreanische Sprache begonnen habe zu erlernen, hat viel dazu beigetragen, in diese fremde Welt richtig einzutauchen. Die Gegensätzlichkeit einer technologisierten, hochmodernen, schnellen Gesellschaft und der gleichzeitigen immensen Bedeutung tief verwurzelter langsamer Traditionen, erschien mir ideal, um mit neuen Formen zeichnerischen Ausdrucks zu experimentieren.Deshalb habe ich mich auch mit analogem traditionellen Kunsthandwerk auseinander gesetzt. Insbesondere interessiert mich die Tradition von nicht-perspektivischer Darstellung in der koreanischen Volkskunst und die Art und Weise, wie dort Zeit- und Raumgefühl ausgedrückt ist. Jetzt kommt die eigentliche Nachlese meines Aufenthalts. In Zusammenhang mit dem französischen Verlag Edition Magnani arbeite ich unter anderem an meiner ersten Buchveröffentlichung, ein persönliches Porträt über den Alltag in Südkorea.
Du sagst, dass dich besonders die traditionelle koreanische Darstellungsweise interessiert. Gibt es dort etwas, was du als "typisch koreanisch" bezeichnen würdest?
Beeindruckend sind die "everyday life aesthetics". Dazu gehört, wie bereits erwähnt, Minhwa, die koreanische Volksmalerei. Mich fasziniert, in welcher Weise, Farbe in den Bildern eingesetzt ist und wie sie mit viel Sinn für Humor, frisch und unmittelbar Szenen des täglichen Lebens vermitteln.
Welchen Eindruck hast du denn von der zeitgenössischen, jungen Kunst in Korea?
Ein Jahr klingt lang, aber gefühlt habe ich nur einen flüchtigen Eindruck der aktuellen Kunst bekommen. Auch wenn der Kern der Kunstszene nicht so groß ist, wie man von einer 12 Millionen Stadt vermutet. Im Gespräch mit befreundeten Künstlern war der harte Wettbewerb vor allem eine große Belastung. Aber die Koreaner sind hart im Nehmen.
Besonders gut haben mir die Ausstellung im Sonje Art Center, Gallery Loop und im Total Museum of Art in Seoul gefallen. Letzteres vor allem wegen seiner Architektur und der Verspieltheit der Räume. Es ist ein sehr persönlicher Ort. Wer nach Seoul kommt, sollte dieses großartige Museum unbedingt besuchen gehen.
Liebe Tiziana, wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview! Weitere Infos zu vergangenen und aktuellen Projekten finden sich auf der Homepage: www.tizianajillbeck.de